Hinnerk hat sich am Dienstag beim Wohnung räumen und herrichten verrissen und gegen Abend hat sich ein böser Hexenschuss eingestellt. Tags darauf, nach dem Besuch im Hôpital und den wenig vertrauenerweckenden Medikamenten sind wir – ein Fahrer und ein Hilfsarbeiter aus dem Projekt haben uns begleitet, die ließen sich auch gleich behandeln, „visite technique“ nannten wir es spaßeshalber – mit ihm zu einem traditionellen Heiler in ein Dorf gefahren. Dort, in Ficko, ordiniert der Altmeister mit seinen drei Söhnen.
Ein Kräutersud wurde gebraut, sein Rücken damit eingerieben, und plötzlich griffen Abdoulaye und Ibrehima zu und bogen und streckten ihn, dass er aufgebrüllt hat. Dann wurde mit einem Kuhhorn geschröpft und mit einem Messer feine Schnitte in den Rücken gemacht, um das „tote Blut“ herauszusaugen… Aly hat gelacht und ich auch, allerdings mit einen Anflug von Übelkeit im Hals. Wie ich an die Reihe kam zu einer präventiven Kurzbehandlung, verging es mir völlig.
Ich erhielt vom Altmeister den Auftrag, am Abend ein Huhn zu köpfen und zuzubereiten, damit er zu Kräften kommt. Zufällig – aber jeder Dogon würde an Vorsehung glauben – hat uns am Vortag unser Hausbesitzer einen lebenden Hahn geschenkt (weil er uns seit 10 Monaten 55.000 FCFA schuldet und immer noch nicht zurückzahlen kann, sag ich nun mal). Ich rief sofort den Wächter, der hat mir binnen einer halben Stunde den Hahn geköpft, gerupft und ausgenommen. Beim Zerteilen musste ich ihm helfen, da hatte ich das erste Mal in meinem Leben ein lebendwarmes Fleisch in der Hand, fühlte sich irgendwie so eklig an wie kuhwarme Milch auf einer Alm. Dann kochte ich es griechisch-senegalesisch mit Zwiebel, Zitrone, Senf, Chili, Thymian und Olivenöl.
Gegen 23.00 rief mich der Wächter, er stand da im dunklen Garten mit einem großen stattlichen Mann neben ihm. Ich dachte schon, der hätte eine Knarre in der Hand, weil er den rechten Arm eigenartig hinter dem Rücken des Wächters hielt. Die Ereignisse von Hombori gehen nicht spurlos an einem vorbei, und ein Besuch um diese Uhrzeit ist auch nicht alltäglich. Aber er stellte sich als Direktor des Postamts vor, der bei demselben Heiler in Behandlung ist, und wollte meinen Mann nur „grüßen“, d.h. sich gegenseitig gute Besserung wünschen. Er zeigte mir seine schmerzende eingebundene Schulter und erzählte mir seine Krankheitsgeschichte. Als Weiße nahm ich mir die Unhöflichkeit heraus, ihn nicht ins Haus zu lassen und Hinnerk nicht zu wecken.
Tags darauf ging es Hinnerk tatsächlich besser, aber er lag den ganzen Tag noch brav am Rücken im Bett – so wie es der Altmeister angeordnet hat. Seit gestern ist er wieder auf den Beinen.
Ich glaube ich werde noch lange nicht arbeiten, das Leben ohne zu arbeiten ist viel zu spannend.
wow, schräge farbkombi, das kräutergelb und schröpfungspurpur..aber wenn die heilung prompt kommt ists viell. schonender als viele infiltrationsspritzen(brrr) dies hier bei hexenschüssen gibt.
wie hat denn deine kleine vorsorgebehandlung ausgesehn, elisa?
beim praxisfoto fallen mir luisa francias erlebnisse und schilderungen bei ihrer yoruba schamanin ein ..
hier schneits doch nicht, es regnet, naja und sonst reden alle über „die krise“ sind stolzgeschwellt über österreichs rating AAA und hickhacken wg sparpaketen..
fuck moody`s, wirklich.
das nervt.
außerdem:vaclav ist tot.
das ist ein verlust und sehr traurig.
das frische jahr steht aber auch vor der tür, und auf das freu ich mich sehr
🙂
2011 war heftig und darf wirklich ziehen, ja.
rutschts guat ume und habt schöne, spannende zeit (ganz ohne hexenschuss).
freu mi schon auf die fotos.
glg
micha
heesters ist auch tot, aber schluß mit schlechten nachrichten: ich hoffe die dietrichs sind gut bei euch gelandet und fragen euch nciht auch noch löcher in den bauch.
alles liebe
uschi aus wien
ja, wie die präventivmedizinische vorsoge ausgsehn hat würd mich auch interessieren.
also habens im mittelalter doch recht ghabt mit dem aderlass – das böse muß ausbluten!
was ist eklig, in die kuhwarme milch greifen oder trinken?
bis ins frühjahr bin ich dann soweit und es gibt schätz ich eine werkstatt-opening-party am kleylehof. vielleicht seits dann ja wieder zurück. was aber hoffentlich nicht sein wird! bleibts so langs geht weitweit weg!
lg kaz
Diese Behandlung werde ich in meiner shiatsuarbeit adaptieren. Schöpfen mit Gläsern mach ich eh schon. Mit kuhhörnern hat was erdiges.
Wobei seit 1. August ist bei eh kein shiatsu möglich. Bin jetzt seit 15. Dez. im weißen hof. Keine Ahnung wie lange …8 Wochen? Ich hoffe mein Fuß wird wieder komplett hergestellt. Hab jeden Tag ein sportprogramm wie noch nie in meinem leben. Werde als cornetto den weißen hof verlassen 😉
Eigentlich wäre ich jetzt ja schon bei euch in Mali 😦 ich wünsche euch einen guten rutsch, viele interessante und beglückende Momente. Genießt die restliche Zeit in Afrika.
Die Präventivbehandlung war kurz und schmerzhaft, aber wenigstens ohne Aderlass: Knie ins Kreuz, Griff unter den Achseln durch und nach rückwärts gebogen und gestreckt, plötzlich war da ein zweiter und hielt meine Füße fest, Angst- und Schmerzensschreie, Ellbogen der Wirbelsäule entlang, erleichtertes Aufatmen, das wars. Geschröpft soll ich beim nächsten Besuch erst werden – falls es so weit kommt.
Klingt auch interessant 😉 kann ich auch mal bei meinen klientInnen ausprobieren …